1953 - Der Elferat
Im Jahr 1953 hatten
einige fasnetsbegeisterte Mitbürger die Idee, dem
Fasnetstreiben im Ort ein besonderes Gepräge zu geben und es
dabei gewissermaßen zu leiten. Es sollte jedes Jahr ein
harmonisches Spiel werden, an dem sich die ganze Bevölkerung
erfreuen kann. Deswegen wurde auf Anregung von Gebhard
Weissenrieder eine Narrensitzung einberufen in der die
Mitglieder des ersten Oberzeller Narrenrats bestellt wurden.
Dies waren: Robert Wagner, Gebhard Weissenrieder, Anton Schmid,
Ernst Kempter, Walter Heinzmann, Willi Papert, Hugo Petretti,
Josef Heine, Josef Braun, Georg Müller und Haas.
Auszug aus dem Protokoll von 1953: „Eine alte Überlieferung aus
unserer Gemeinde war uns nicht bekannt, deshalb haben wir
unsere Phantasie walten lassen und folgendes erdacht: Der
oberste dieser Narrenzunft ist der Graf vom Gillenbach. Diesem
ist ein Gefolge beigegeben, die sich die Oberzeller Dole
nennen. Es sind dies Bauern oder Freiherren aus alten Zeiten
mit großen Mostköpfen. Die nächste Gruppe wären dann die
Schmälzler, benannt nach der Schmalzgrube. Gut in unser
Programm passen uns die Hotterlochhexen, die die dritte Gruppe
darstellen. Sie sollen mit ihren großen Besen die Alltagssorgen
aus dem Schussental fegen. Der Graf vom Gillenbach war sich
wohl bewußt, daß sein kleines Flüßchen Anschluß an die weiten
Meere hat. Bei genauer Betrachtung trifft dies haargenau zu.
Und deshalb hat sich der Graf vom Gillenbach als vierte Gruppe
die Heringsbändiger aus seiner Flottille auserlesen. Das
närrische Volk und die Fasnachtsbutza vervollständigen den
Fasnachtszug. Selbstverständlich werden immer einige Musikanten
dabei sein, so dass anzunehmen ist, dass die ganze Sache
Schwung haben wird.“
Graf vom Gillenbach war im Jahre 1953 Robert Wagner, der
Zunftmeister Gebhard Weissenrieder, für die Organisation
zeichnete Anton Schmid verantwortlich, und für das Festhalten
der Aktivitäten in Wort und Bild der Schriftführer Ernst
Kempter. Zum Fasnetstreiben gehört auch ein Spruch und dieser
war schnell gefunden: Oberletz – Unterletz.
Aus diesem Oberzeller Narrenruf machte der weit über die
Ortsgrenzen bekannte Komponist Willi Papert senior sogar einen
Narrenmarsch, der sich bis heute erhalten hat, mit folgendem
Text:
O du lust’ge Narrenzeit,
wie hast du mein Herz erfreut.
Fehlen uns auch die Moneten,
Sorgen – Schulden – sind jetzt flöten, jaaa –
Oberlez, Unterlez, alle machen mit!
Auf jeden Arsch en Fasnetsplätz, it wohr, it it!
Auftritte hatte der Narrenrat und das närrische Gefolge
ausschließlich in Oberzell und zwar Donnerstags beim
Bürgerball. Dabei erfolgte auch die mehr oder weniger
freiwillige Schlüsselübergabe des Bürgermeisters an den Grafen
vom Gillenbach. Mit Sketchen und anderen Darbietungen trug der
Narrenrat zum Gelingen des Abends bei. Freitags fand dann der
Kinderball statt und am Rosenmontag ließ es sich der Narrenrat
nicht nehmen, auch dem Musikerball einen Besuch abzustatten.
1958
Im Jahr 1958 wagte sich der
Narrenrat mit seinem Programm erstmals außerhalb von Oberzell.
Dieser Auftritt fand statt am Fasnetssonntag in Bavendorf und
auch dort fand das Programm großen Anklang. In den folgenden
Jahren fühlte sich der Narrenrat verpflichtet, mit
Programmeinlagen zum Gelingen der jeweiligen Bälle beizutragen.
Zwar wechselten hin und wieder die Mitglieder des Narrenrats
doch unverdrossen wurde Jahr für Jahr ein buntes Programm
zusammengestellt. Bald schon beschränkten sich die Aktivitäten
des Narrenrats nicht nur auf die Fasnetszeit. Um Kraft für neue
Ideen zu schöpfen, leistete sich das hohe Gremium jährlich
einen Ausflug.
1972
Das letzte Stündlein des Oberzeller Narrenrats schlug jedoch
1972. Wieder hätten einige Mitglieder des Rats ersetzt werden
müssen, für die sich jedoch keine Nachfolger fanden. So
beschlossen die verbliebenen Mitglieder schweren Herzens, die
Narretei an den berühmten Nagel zu hängen.
Das Narrenbaumstellen
Kurz nach Gründung des Fanfarenzugs Oberzell kamen einige
Mitglieder auf die Idee, auch die Ortsfasnet wieder aufleben zu
lassen. Allerdings ganz anders, als dies vom Narrenrat Jahre
vorher gemacht wurde. Ein Narrenbaum sollte gestellt werden.
Anschließend hatte die Bevölkerung Gelegenheit, in den
Oberzeller Lokalitäten dieses Ereignis ausgiebig zu feiern.
Schon bald entwickelte sich aus dem Narrenbaumstellen ein
kleiner Umzug dem sich einige Frauen und Kinder als Hexen
verkleidet anschlossen. Aus dieser Gruppe heraus entstand 1990
die Idee, ein einheitliches Häs zu haben.
1990 - Die Narrenzunft Oberzell
Wie schon
erwähnt, hatten einige Frauen die Idee, ein einheitliches Häs
zu nähen. So wurde im Jahr 1990 gemeinsam nach Stoff gesucht.
Bald standen die Farben Lila, Orange und Schwarz fest.
Entstanden war die Gruppe der Gillenbachhexen mit schwarzen
Samtjacken, lila Hüten mit orangenem Tüll und lila Röcken.
1991
Zu Beginn des Jahre 1991 war alles genäht und man saß in den Startlöchern. Auch nach einem Narrenruf mußte nicht lange gesucht werden. Dieser wurde schnell aus dem alten Fasnetsschlager von Willi Papert senior entnommen und lautete: „Oberletz, Unterletz, an jedem Arsch en Fasnetsplätz.“ Nachdem zwischenzeitlich der Golfkrieg ausgebrochen war wurde die Fasnet abgesagt und die neuen Sachen blieben im Schrank hängen.
1992
1992 war es endlich so weit! Die Gillenbachhexen begleiteten
als Gruppe das Narrenbaumstellen des Fanfarenzugs. Der
Narrenbaum wurde nach wie vor auf dem Festplatz in Oberzell
gestellt und anschließend feierte die Bevölkerung in den
Lokalitäten der Ortschaft weiter. Hauptanziehungspunkt war
dabei der Saal der Gaststätte Krone. Hier drängten sich die
Massen und feierten ausgelassen Fasnet. Einziger auswärtiger
Umzug an dem teilgenommen wurde war Brochenzell. Das Häs der
Gillenbachhexe fand großen Anklang und schnell wuchs die Zahl
der Frauen und Kinder, die sich bei dieser Gruppe beteiligten.
Anfänglich wurden noch die Gesichter geschminkt und 1995
ersetzten bemalte Plastikhalbmasken die Schminke.
1996
In der Fasnet 1996 stellte sich sowohl für den Fanfarenzug als
auch die Gillenbachhexen das Problem, das der Krone-Saal nicht
mehr geöffnet wurde. Wohin mit der närrischen festbegeisterten
Bevölkerung? So war bald die Idee geboren, den Narrenbaum bei
der Schule aufzustellen und anschließend in der
Schussentalhalle zu feiern. Die Organisation und Bewirtung
übernahmen die Gillenbachhexen. Schon im ersten Jahr fand diese
Veranstaltung großen Anklang. Die Halle konnte die
Menschenmassen kaum fassen. Nach diesem großartigen Beginn war
es eine Notwendigkeit, dieses bisher privat organisierte
Fasnetstreiben auf eine ordentliche rechtliche Grundlage zu
stellen. So fand am 9.12.1996 die Gründungsversammlung statt
und am 12.2.1997 wurde dieser neue Verein unter dem Namen
„Gillenbach-Hexen e.V.“ ins Vereinsregister eingetragen.
1997
Schon in den vergangenen Jahren war immer wieder der Ruf nach
Holzmasken innerhalb der Hexengruppe laut geworden. Zahlreiche
Bemühungen führten hier nicht zum Erfolg weil einfach nichts
zum Häs der Hexe passen wollte. Deshalb entstand schon gleich
nach der Fasnet 1997 der Gedanke, ein Häs zu entwickeln zu dem
eine Holzmaske passen sollte. Hier wurde in der Ortsgeschichte
gestöbert und zusammen mit der Schneiderin Bettina Pfeiffer und
dem Maskenschnitzer Rolf Fischer wurden die Gestalten des
Hotterlochweible und des Hagmacher entwickelt, die auch Anklang
in den Reihen der Mitglieder fanden. Die Mitgliederversammlung
beschloss, diese neuen Häser als Alternative für diejenigen
anzubieten, die den Wunsch nach einer Holzmaske haben. Nun
passte aber der Name „Gillenbach-Hexen“ nicht mehr und der
Verein wurde umbenannt in „Narrenzunft Oberzell e.V.“.
1998
Jetzt ging es Schlag auf Schlag und bereits in der Saison 1998
traten die Hotterlochweible und Hagmacher zusammen mit den
Gillenbach-Hexen auf. 1998 beteiligte sich die Narrenzunft
Oberzell auch erstmals beim Umzug in Ravensburg. Trotz dieser
zunehmenden Beteiligung bei auswärtigen Umzügen legte und legt
die Narrenzunft Oberzell das hauptsächliche Augenmerk auf die
Gestaltung der Ortsfasnet. Um diese zu bereichern wurde bereits
im Jahr 1999 erstmals öffentlich eine Maskenbefreiung mit
anschließender Taufe der Neumitglieder veranstaltet. Immer
Anfang Januar findet nun die Taufe der Neumitglieder statt.
Anschließend haben alle Beteiligten und Zuschauer Gelegenheit,
ausgelassen in unserem Vereinsheim den Beginn der 5. Jahreszeit
zu feiern.
2002
Wie schon erwähnt, wurde die Zahl der Teilnahmen an auswärtigen
Umzügen immer größer. Mit diesem vermehrten öffentlichen
Auftreten wurde der Wunsch der Gillenbach-Hexen nach Holzmasken
nun sehr drängend. Vielen Mitgliedern war ihr Hexenhäs so lieb
geworden, dass sie sich nicht zu Gunsten eines
Hotterlochweibles oder Hagmachers davon trennen wollten.
Außerdem ist die Gillenbachhexe mit ihrem ungewöhnlichen
Erscheinungsbild doch ein Markenzeichen für die Oberzeller
Fasnet. Einem Gremium aus Gillenbach-Hexen gelang es zusammen
mit dem Maskenschnitzer Rolf Fischer eine Maske zu entwickeln,
die zu dem doch recht fraulichen Häs der Hexe passte. In diesem
Zusammenhang wurden auch einige kleine Änderungen am Häs
insgesamt vorgenommen. Ab dem Jahr 2002 waren demnach keine
Plastikmasken mehr zugelassen.
2003
Unser Bauer wurde in der Fasnet 2003 ins Leben gerufen. Er ist
ein Geschenk der IGRN (Maskenschnitzer Rolf Fischer aus
Ravensburg) anlässlich unseres Vereinsjubiläums. Er stellt die
Gestalt eines Weinbauern dar. Diese Figur ist vorerst als
Einzelhäs geplant und wird ausschließlich von Thomas Hoepfner
getragen.
2015
Am Bromigen Freitag, 13.02.2015, mitten in der Hauptfasnet, ist
unser, in jahrelanger mühevoller Eigenarbeit, aufgebautes und
renoviertes Narrenheim vollständig ausgebrannt. Wir wurden in
einen absoluten Alptraum katapultiert und mussten mit Tränen in
den Augen zusehen, wie die ganze jahrelange und mühevolle
Arbeit in Schutt und Asche aufging. Unser Vereinsheim musste
nun bis auf die Grundmauern komplett abgerissen werden.
Im Jahr 2006 begannen wir mit den Renovierungsarbeiten des
alten ‚Vereinsheimes, die wir bis zu unserem Tag der offenen
Tür im Oktober 2010 in jeder freien Minute durchführten. Es gab
niemanden in unserer Zunft, der nicht, und wenn es auch noch so
kleine Arbeiten waren, an der Renovierung des Zunftheimes
beteiligt war.
Auch danach haben wir weiter an UNSEREM Narrenheim gearbeitet
und waren wahrlich stolz auf das was wir gemeinsam geschafft
hatten. ES WAR UNSER NARRENHÄUSLE.
Jetzt standen wir wieder ganz am Anfang und vor dem Nichts. Für
uns alle war das ein riesen Schock und absolut unfassbar.
Alle stellen sich- auch heute noch - die Frage: Wie konnte das
passieren? Wer macht so etwas?
Leider ist die Brandursache immer noch nicht geklärt.
Doch uns war klar: Wir werden UNSER NARRENHEIM wieder
aufbauen!!!!!!
Da waren wir uns einig, denn wir halten zusammen und lassen uns
nicht unterkriegen. Wir krempelten die Ärmel hoch. Egal ob
Frau, Mann oder Kind. Wir wollten unsere „kleine Heimat“, die
auch in der Bevölkerung so gut angekommen war, wieder
aufbauen.
Was mittlerweile daraus geworden ist, könnt ihr euch in der
Rubrik „Vereinsheim“ anschauen.
2018
Aufgrund der Brandstiftung an unserem in jahrelanger,
liebevoller und in Eigenleistung restaurierten Vereinsheimes,
das am Bromigen Freitag 13. Februar 2015 bis auf die
Grundmauern abbrannte, wurde eine neue Maskengruppe, „d'r
Zündler“ gegründet. Die hauptsächlichen Farben in schwarz, weiß
und grau sollen den Rauch und Ruß des Brandes symbolisieren.
Das Rote in der Maske symbolisiert die Funken und das
verheerende Feuer.
2021
Die Fasnet im Jahr 2021 findet wegen der weltweiten
Corona-Pandemie nicht statt.